Findungsphasen

Gestern haben wir meine Eltern vom Flughafen Hamburg
abgeholt. Sie waren einige Zeit weg, und so gab es eine Menge zu berichten. Zu den Neuigkeiten gehörte natürlich auch dieser Blog.
1. Hürde: wie erkläre ich meinen wenig Internetaffinen, über 80 jährigen Eltern, einen Blog.
2. Hürde: wie das Thema?
3. Hürde: DAS Thema!
Bis hierhin, alles so weit, so gut…einigermaßen ruhig versuchte ich Ihnen verständlich zu machen, was ich hier tue, und vor allem WARUM.
Bei dem WARUM stockte meine Mutter inhaltlich, man könnte auch sagen, sie zuckte im wahrsten Sinne des Wortes etwas zurück, sah mich mittel interessiert an und fragte mich O-Ton : hast Du solche Probleme mit den Wechseljahren? ( „Kind“, hätte dahinter noch gefehlt). Nun gut, ich bin Ihr Kind, allerdings ging ich in diesem Moment ebenfalls etwas auf Distanz, und erwiderte “ nun ja, etwas schon, jedoch ist es für mich eher eine Art Loslassen der Gesamtsituation, mich darüber auszutauschen, und ich mag den Dialog über dieses Thema , zudem habe ich im Internet wenig ansprechendes darüber finden können, daher die Idee, selber etwas zu schreiben.
Gefühlt verstand meine bezaubernde Mutter nur Bahnhof, doch was dahinter stand, war das eigentlich, eklatant Wichtige, nämlich, dass diese Generation von Frauen (Jahrgang 1937) sich augenscheinlich so etwas wie eine Menopause nie erlaubt hat.
Wenn ich mit meiner Mutter über die Wechseljahre in der Vergangenheit sprach, höre ich in meiner Erinnerung eigentlich immer nur das Wort Misteltee (welcher, im übrigen, bis vor kurzem, auch in meinem Teeregal stand).
Misteltee half gegen alle WJ Beschwerden, die ja eigentlich auch gar nicht existent sind… bei meiner Schwester verhielt es sich ähnlich, laut Ihrer Aussage nahm sie 6 Wochen lang ein Präparat ein, das aus Traubensilberkerze besteht, und danach waren sämtliche Unpässlichkeiten wie von Zauberhand verschwunden.
Wow.
Ich hingegen habe all dies & vieles mehr ausprobiert. Schlussendlich kam ich für mich zu der Erkenntnis, dass Mittelchen, Tees, bestimmte Ernährungstheorien, usw. usw. zumindest mir keine deutliche Befindlichkeitsverbesserung bringen. Nur ein etwas größeres Loch in meinem Portemonnaie.
Aufgrund dessen beschloss ich mein Geld dann doch lieber in glückliche machende neue Schuhe, oder ähnliches zu investieren. Das geht immer.
Es ist, nach wie vor, ein Auf & ein Ab – wann immer ich merke, ich bin im Ab, meine Freundin nennt dies liebevoll „in einer quietschigen Stimmung sein“, versuche ich, diesen quietschigen Moment auszuhalten, verstehe dann das Hadern mit mir, und allem Anderen besser, und weiß – irgendwann ( hoffentlich GLEICH!) geht es wieder bergauf, und dem Quietschen folgt ein Jauchzen…oder so ähnlich.
In meinem letzten Beitrag schrieb ich, andeutungsweise, etwas über Stil, Frisuren, was tragen, und wieso, und überhaupt. Und ich habe durchblicken lassen, dass mich viele Einträge im Netz, diesbezüglich irritieren. Es irritiert mich, wenn ich lese, dass ich mit meinen 50 Jahren , und in der Wechselzeit, so gut wie unsichtbar sein soll, bzw. meinen Stil in eine klassisch beige Nummer verwandele, am besten kombiniert mit einer schnittigen Kurzhaarfrisur, ohne färben, denn das Grau wächst natürlich ( im wahrsten Sinne des Wortes) raus…gibt es einen imaginären Dresscode für jede Dekade des Lebens?
NEIN.
Ich mag es bunt, ich mag es wild , genauso mag ich es, von Zeit zu Zeit, puristisch,straight, provokativ, und dann wieder cross styling vom Feinsten. In meinem Job brauche ich inzwischen einen ultrabequemen Sneaker Look, mit Stiefeletten wäre der Tag um 12.00 Uhr gelaufen. Im vermeintlich, schnöden Alltag, gebe ich dann doch gerne einmal optisch Gas, was bedeuten kann, dass ich manches Mal overdressed zum Bäcker laufe. Es ist und bleibt mein Kleidergesetz : tragen, was gefällt & im Zweifel lieber over – als underdressed!
Mein „Schrank“ ist willkürlich bestückt, vom Tüllrock bis zur Baggyjeans, und ich versuche jeden Tag zu erfühlen, wie ich sein will, wer ich bin.
Manchmal dauert es auch bei mir, von der man ja meinen sollte, sie weiß, schon aus beruflichen Gründen, was sie blind aus dem Schrank ziehen kann, länger – manches Mal auch sehr lange, dies endet dann häufig in mäandernden Kleiderbergen. Will meinen, nicht nur die Wechseljahre verändern frau/mann optisch, diese Zeit macht ganz viel mit einer, bereits eigentlich gefundenen/erfundenen eigenen Persönlichkeit. Und genau dieses Selbstgefühl, Selbstwertgefühl, wandelt sich, von einem Tag auf dem anderen.
Plötzlich steht mir das Kleid, dass ich vorgestern noch so sensationell an mir fand, ü b e r h a u p t nicht mehr.
Vielleicht aus der Annahme heraus, dass genau dieses Outfit mich plötzlich alt erscheinen lässt, bzw. nicht mehr zu mir passt. Aus meiner Sicht.
Bleibt zu hoffen, dass diese Haltung nicht zu einem „forever young“ Ding mutiert.
Wie auch immer, festzuhalten bleibt, jeder so, wie er meint. Und wenn wir feststellen, dass wir jeden Tag eine neue Meinung zu einem alten Thema haben, uns Tag für Tag neu erfinden & finden wollen, dann sollten wir dies tun, denn so kann sogar eine Wechselzeit Spaß machen.

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