Vintage As Vintage Can

Gestern las ich einen Artikel auf Spiegel online über die Sydney Road in Melbourne. In dieser Straße werden ausschließlich Vintage, bzw. Second Hand Teile verkauft…es gibt Alles, nur nicht neu ( Quelle: Spiegel online, Wo Vintage Träume wahr werden, C. Wahnbaeck ).
Schon von je her bin ich eine große Anhängerin von Second Hand Shops. Ich liebe das Stöbern, und dann den Erfolgsmoment, ein besonders ausgefallenes Stück, zu einem super Preis ergattert zu haben.
Vor ein paar Wochen in meiner Heimatstadt, in Form einer Iris von Armin Strickjacke, so passiert.
Nicht, dass ich es so sehr mit Brands, also Markenklingeling habe, jedoch eine Strickjacke, für ein Zehntel ihres Originalpreises nach Hause zu tragen, lässt mein Jäger & Sammler Herz höher schlagen.
Mode ist schnelllebig, dass wissen alle, die sich mit dem Thema beschäftigen, nur warum müssen wir uns dieser Geschwindigkeit ergeben. In Zeiten, in denen das Thema Nachhaltigkeit uns so sehr beschäftigt, wie kaum etwas anderes, und wir versuchen uns mit zero waste vertraut zu machen, weil wir wissen, dass wir anders diesen wunderschönen Planeten, auf dem wir leben, nicht retten können, kaufen wir dennoch fast fashion. Wohl wissend, wie viel Energie dafür aufgewendet, und unter welch widrigen Bedingungen, Mode zumeist hergestellt wird.
Warum tun wir es dann trotzdem? Kaufen, tragen , entsorgen – oft nicht nach Jahren, sondern ein paar Wochen/Monaten, denn rasend schnell kündigt sich bereits die neue Saison an, zu verlockend, um zu widerstehen.
Ich will kein Plädoyer gegen die Modeindustrie halten, im Gegenteil, ich liebe Fashion, ich liebe meinen Beruf, der ausschließlich damit zu tun hat & auch ich shoppe gerne. Sehr gerne.
Nichts desto trotz kann es nicht schaden, ab und zu etwas kritischer auf sein Kaufverhalten zu achten. Zu überlegen, brauche ich diese Bluse wirklich für mein Glück, oder habe ich vielleicht bereits zwei in meinem Schrank, die ähnlich aussehen – weil genau dieser Style meinem Stil entspricht? Vor einiger Zeit hatte ich eine Kundin, die sich beruflich mit Nachhaltigkeit, und Fair Trade beschäftigt. Nach der Stylingberatung, vereinbarten wir einen Shopping Termin – oberste Prämisse : nur Gebrauchtes! Dies war auch für mich ein Herausforderung, noch nie hatte ich eine Kundin von Kopf bis Fuß mit Vintage Stücken eingekleidet. Diese Einkaufstour brachte mir die verschiedenen Second Hand Läden in meiner Stadt wieder näher, und zeigte mir zudem, wie großartig und individuell man sich auf diesem Wege einkleiden kann. Von Spareffekt mal ganz abgesehen.
Es ist, wie in vielen Lebensbereichen, auch hier so – der Mix macht es. Nicht umsonst erleben die Modemessen, auf denen ausschließlich Dinge verkauft werden, die vorher in einem Kleiderschrank ihr tristes Dasein fristeten, einen riesen Erfolg. Ein gutes Beispiel sind auch Altkleiderspenden. Wie wir wissen, wird alles, was wir im Altkleidercontainer entsorgen, in Afrika verkauft. Auf diesen einschlägigen Märkten finden sich inzwischen clevere Designer, die unsere ausrangierten, gut erhaltenen Kleider kaufen, wenn erforderlich, in Schneidereien reparieren lassen, und dann, in so genannten Pop Up Stores, z.b. in Paris, mit Erfolg weiter verkaufen ( Quelle: Spiegel online, Aus der Tonne in den Designerladen, Ines Kaffka).
Mein Nachbar hat sich als Zaun eine Art Bücherfriedhof angelegt – optisch jetzt nicht gerade die Speerspitze des guten Geschmacks, jedoch auch eine Form der Wiederverwertung.
Hm, nun ja, ein wenig liest sich das Ganze nun doch wie ein Plädoyer, allerdings ausschließlich dafür ( und genau diese Haltung versuche ich meinen Kunden zu vermitteln ), dass wir nicht mehr um jeden Preis alles neu haben müssen. Das Stil etwas ist, das man nicht kaufen kann.
Suprise!
Und das die 16. Jeans im Schrank nicht zu einem erfülltem Leben führt.
Diesbezüglich kann ich mir sehr gut an die eigene Nase fassen.
Als klar war, das ich mit meinem jetzigen Mann, damaligen Lebensgefährten, zusammen ziehen werde, musste ich meine Garderobe von Ankleidezimmergrösse auf Schrankniveau herunter dimmen. Ach, dachte ich, kein Problem. Aussortieren geht mir ja, von Berufswegen, leicht von der Hand. Falsch gedacht.
Ich stapelte von rechts nach links, von oben nach unten. Sortierte aus, verräumte, verschenkte, brachte einiges zum Second Hand Shop um die Ecke, und trotzdem, es wurde und wurde nicht wirklicher weniger. Als Erklärung könnte ich mir jetzt einen überbordenen Stylingfundus attestieren, den man als Stylistin ja haben MUSS.
Nope, denn auch ein Fundus ist immer wieder Trends unterworfen, und muss dementsprechend regelmäßig aktualisiert werden.
Und dann der Klassiker, frau sortiert aus, und denkt, oh, schön – wieder Platz für Neues – wo bitte ist jetzt der Denkfehler!?!
Ich arbeite daran, es anders zu machen. Eine meiner Freundinnen mistet regelmäßig erfolgreich Ihren Schrank aus. Sie hat kein Problem, damit Hosen, Röcke, Kleider hinter sich zu lassen. Die Stücke werden gespendet, oder verschenkt. Selbstverständlich hat auch sie Lieblingsteile, von denen sie sich nicht trennen kann, jedoch verschwindend wenig. Meine Lieblingsteilquote umfasst ungefähr den Umfang einer mittelgroßen Kommode. Hinzu kommen dann noch die Schuhe. Mit der Menge, die ich an Schuhwerk habe, könnte ich ebenfalls einen Pop Up Store eröffnen, und wäre vermutlich sehr erfolgreich damit…in der Vergangenheit hatte ich ein Schuhregal im , was für ein Luxus, Ankleidezimmer, alle anderen Paare waren unter den Kleiderstangen verräumt. In meinem Jetztleben stehen sämtliche Schuhe an einem Ort. Und jedesmal, wenn ich diesen Ort betrete, bin ich mir selber peinlich…
Manchmal jedoch, es bleibt zu vermelden, es gibt es sie, die Tage des Loslassens, dann packe ich Taschen und Tüten voll, schleppe sie frohes Mutes zum Second Hand meiner Wahl, endlich sehe ich wieder Licht am Ende des Tunnels, bzw. weiß, was sich in den hintersten Schrankregalen befindet.
Und wenn es mich dann doch, hin und wieder, piekt & der kleine Halunke in meinem Unterbewusstsein mir zu raunt, dass ich wirklich unbedingt etwas Neues brauche, dann versuche ich „mein Glück“ erst einmal im Vintage zu finden.

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