Ein Besuch bei meiner Schwester
Vor 11 Wochen wurde meine Schwester ( 58) von Ihrem Mann verlassen. Nach 23 Jahren Ehe, einer Tochter, einem Resthof auf dem Land. Wegen einer 24-Jährigen.
Sicherlich auch weil die Liebe nicht mehr reichte, die Ehe nicht mehr so großartig lief, und weil er vielleicht sich in einer mittleren Lebenskrise befindet. Nun zieht meine Schwester alle Register, hat ihn aus dem gemeinsamen Haus komplementiert, sich und Ihrer Tochter eine kleine Wohnung im Umland gesucht ; auf zu neuen Ufern. Allerdings verkleinert sie sich wohnlich sehr, und sortiert gerade ca. 500 qm Wohnfläche aus, um sich auf 50 qm einzurichten. In dieser Lebenssituation befand ich mich bereits dreimal – zuletzt vor einem Jahr.
Wer so etwas von Euch erlebt hat, weiß was für emotionaler Kraftakt dahinter steckt. Es ist nicht einfach nur ein Umzug, der bedeutet sich räumlich zu verkleinern (besonders nach einer Trennung), es bedeutet jeden Gegenstand in die Hand zu nehmen, zu überlegen, nehme ich das mit oder entsorge ich es? Hinzu kommen die Erinnerung, die mit diesem Teil Deines Lebens verbunden sind.
Ich fand mich so häufig weinend, ratlos, und die Gesamtsituation hinterfragend vor einem der Schränke, etwaigen Schubläden oder Fotokästen wieder…es war fürchterlich.
Da ich in einem Stadtteil wohnte, in dem man Dinge, die man nicht mehr behalten möchte, zum Verschenken einfach an den Bürgersteig stellen kann, hatte ich bald Jäger & Sammler vor meiner Haustür, die wieder auf den nächsten Schwung aussortierter Stücke meines Haushaltes warteten. Es war schlimm, eine Art Ausverkaufs meines Lebens, andererseits trug es auch zu meiner Belustigung bei, und zu dem Gefühl komplett ausmisten, im Inneren, wie im Äußeren…
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne* (Stufen, Herrmann Hesse)
Und genauso ist es, nur in den Momenten, in denen man schon kläglich an den Anfängen zu scheitern droht, zumal man ja gefühlt eh gescheitert ist, fühlt es sich überhaupt nicht so an. Jedoch genau aus diesen Krisen schöpfen wir, im Nachhinein , eine große Kraft.
Und wer möchte am Ende seines Lebens sagen, er hätte nicht gelebt…